Kira_Taszman | Thursday, der 26. March 2015 | 1
„Guaia Guaia“ ist ein Duo von Straßenmusikern, das seinen Traum von Freiheit konsequent umsetzt. Ohne feste Bleibe ziehen die beiden jungen Männer, Carl Luis Zielke und Elias Gottstein, durchs Land und leben von der Hand in den Mund. Regisseur Sobo Swobodnik hat die beiden Musiker zwischen Frohsinn, Realismus und Idealismus zwei Jahre lang mit der Kamera begleitet. Das musikalische Roadmovie gewann den Publikumspreis des Bayrischen Rundfunks beim Filmfestival in München 2012.
„Wir sind obdachlose Straßenmusiker und sehen sehr gut aus.“ So lautet die ironische Selbstbeschreibung der beiden jungen Männer. Der dünne blonde Gottstein und der bärtige Zielke mit seinen Afro-Locken sehen aber nicht nur sympathisch aus, sondern haben auch musikalisch und textlich einiges drauf. Gottstein spielt Gitarre, Zielke Posaune, beide singen, und der Begleitsound kommt vom Band.
Ein Angebot eines großen Musiklabels haben die beiden allerdings ausgeschlagen. Die Absage an den Kommerz begründen sie mit dem totalen Freiheitsanspruch an ihre Musik, die keinerlei Einmischung duldet. Dementsprechend vergleicht Elias auch Musiker mit Politikern: Sie träten mit hehren Ansprüchen an, könnten diese aber, wenn sie erst einmal arriviert sein, wegen zu vieler Zugeständnisse nicht mehr umsetzen.
Guaia Guaia – sie stammen aus dem mecklenburgischen Neubrandenburg – übernachten bei ihren Streifzügen durch die Lande dort, wo es sich gerade anbietet. Die jungen Männer sind Meister des Improvisierens. Manchmal kommen sie bei netten Zufallsbekanntschaften unter: in WGs oder Schuppen. Manchmal tanken sie ihre Batterien in der Wohnung eines Schulfreundes in Frankfurt/Main auf. Manchmal reicht es aber auch nur für eine Nacht im Zug auf dem Abstellgleis oder in der Bahnhofsmission.
Regisseur Sobo Swobodnik macht aus seiner Sympathie für seine Protagonisten und ihre Ansichten keinen Hehl. Er lässt die jungen Männer, die sich viele Gedanken über Freiheit, Politik und Lebensstil machen, regelmäßig zu Wort kommen. Auch in Video-Clips inszeniert er sie, auf Dächern oder am Meer, und streut verfremdende Animations-Sequenzen ein.
Ihre Musik bieten Guaia Guaia in Fußgängerzonen, vor Hotels, auf Märkten und manchmal auch in Clubs dar. Bei jungen Leuten kommen sie oft gut an, manchmal stoßen sie sich allerdings auch an der Gleichgültigkeit zumeist älterer Passanten, wie in Oberammergau – was ziemlich komisch ist.
Die Doku zeigt allerdings auch die Grenzen der totalen Freiheit auf. In Berlin richten sich die auch handwerklich begabten Musiker in einem Bahnhäuschen auf einem stillgelegten Gleis ein. Doch daraus werden sie – so deutet es jedenfalls eine animierte Sequenz an – von Polizisten im Großeinsatz verwiesen. Auch als Elias an einer Bronchitis erkrankt, wird seine fehlende Krankenversicherung nur durch das Engagement einer Obdachlosenärztin kompensiert.
Ihre gute Laune und ihren Idealismus lassen sich die beiden Musiker jedoch von niemandem austreiben. Wie lange sie diesen Lebensstil noch durchhalten, thematisiert der Film nicht. Doch der Stolz ist beiden anzumerken, wenn sie auf Zwischenstation in Berlin ungeduldig ein riesiges Postpaket aufreißen: Darin befinden sich ein paar Hundert Exemplare ihrer CD „Terrorist“.
Kira Taszman
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