L’amour toujours – Catherine Deneuve und Gérard Depardieu in LES TEMPS QUI CHANGENT

     |    Thursday, der 17. July 2014

Le Dernier MetroJung, hübsch und leidenschaftlich: Was für ein schönes Paar gaben Catherine Deneuve und Gérard Depardieu doch in „Die letzte Metro“ ab! Sie war Mitte 30 und schon seit anderthalb Jahrzehnten ein Weltstar. Er zählte zu Drehzeiten 30 Lenze, erfreute sich in Frankreich und Italien schon einiger Popularität und sollte seinen Berühmtheitsgrad in den folgenden Jahren noch erheblich steigern. Regiemeister Francois Truffaut hatte als erster das romantische Potenzial und die Chemie dieses Leinwandpaars erkannt. In „Die letzte Metro“ (1980) spielt la Deneuve eine tapfere Theaterleiterin im okkupierten Paris des Zweiten Weltkriegs, die eine Affäre mit dem Schauspieler Bernard (Depardieu) beginnt. Doch ihre Leidenschaft währt nicht lange, denn er hängt den Beruf an den Nagel und geht zur Résistance.

deneuve depardieu metro 3Dass die beiden sich auch in den sechs darauffolgenden gemeinsamen Kinofilmen selten oder nur kurz ‚kriegen‘ sollten, entwickelte sich zu einer tragischen Konstante beim berühmtesten gallischen Filmpaar des späten 20. Jahrhunderts. Egal, ob in Claude Berris „Je vous aime“ (1980), in Alain Corneaus DIE WAHL DER WAFFEN (1981, der hier auf realeyz.tv zu sehen ist und in dem Depardieu einen Gangster und Deneuve die bürgerliche Frau von Yves Montand spielt) oder dem Historienschinken „Fort Saganne” (1984, wieder von Alain Corneau): Sie treffen nur flüchtig aufeinander und wenn es zu einer Romanze kommt, ist ihnen nur ein kurzes Glück beschieden.

deneuve depardieu wahl 1In „Drôle d’endroit pour une rencontre” verbringen beide eine Filmnacht auf einer Autobahnraststätte, auf der sie ausgesetzt (!) wurde. In dem letzten filmischen Aufeinandertreffen der beiden (“Asterix und Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät” von 2012 blenden wir aufgrund seines Mangels an Romantik aus), François Ozons „Das Schmuckstück“, kommt es zu einigen bewegenden Szenen zwischen den beiden. Er spielt den kommunistischen Bürgermeister, sie die Frau eines Fabrikbesitzers. Früher, vor langer Zeit, hatten sie einmal etwas miteinander, und als sie in einer Diskothek miteinander tanzen, sind nicht nur die Figuren gerührt, sondern auch der Zuschauer.

Die Ausgangssituation von LES TEMPS QUI CHANGENT, dem sensiblen und meisterhaften Drama von André Téchiné, ähnelt der von „Das Schmuckstück“. Antoine (Depardieu) war die erste (und, wie sich später herausstellen soll, einzige) große Liebe von Cécile (Deneuve), dann trennten sich ihre Wege. 30 Jahre später taucht er in Tanger als erfolgreicher Ingenieur wieder auf. Offiziell ist er für einen Bauauftrag da, doch in Wirklichkeit setzt er alles daran, sie wieder zu erobern.

PoticheZunächst schickt Antoine ihr anonym Rosen und nimmt Bänder für sie auf. Doch bald lauert er ihr auf. Als er Cécile zum ersten Mal in einem Supermarkt wiedersieht, gerät er in Panik, versteckt sich hinter einer mannshohen Pflanze. Dann blamiert er sich endgültig, als er auf der Flucht vor ihr gegen eine Glasscheibe rennt und von ihrem Mann, einem Arzt, versorgt werden muss. Das Wiedersehen der beiden gestaltet sich ihrerseits kühl. Doch die emotionslose Fassade ist ein Markenzeichen der Deneuve und sagt wenig über die wahren Gefühle ihrer Figuren aus. Wie Depardieu den hartnäckigen, ja, besessenen Ex-Liebhaber spielt und sich nicht scheut, sich permanent zum Affen zu machen, ist phänomenal. Auch die Leinwandchemie der beiden war seit „Die letzte Metro“ nicht mehr so intensiv wie hier, und das, obwohl sie gänzlich konträre Charaktere verkörpern.

deneuve depardieu temps 1Während Antoine der Vergangenheit nachtrauert, hat sie sich in der Gegenwart eingerichtet. Sie ist eine erfolgreiche Radiosprecherin und hat Familie, auch wenn die Kommunikation mit Ehemann und Sohn nicht optimal verläuft.

Doch LES TEMPS QUI CHANGENT ist auch ein Film über (Wahl-)Heimat, Entwurzelung oder den Sehnsuchtsort Europa. Tanger ist der Ort, aus dem sich afrikanische Flüchtlinge in Richtung Spanien aufmachen – bei einem Spaziergang sehen Antoine und Cécile sie am Ufer des Meeres sitzen und auf ihre Chance warten. Ob der liebestrunkene Antoine bei Cécile noch eine Chance haben wird, macht die Spannung dieser zu Herzen gehenden, doch nie rührseligen, Liebesgeschichte aus.

Kira Taszman

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