Kira_Taszman | Thursday, der 8. January 2015
Ist er nur verpeilt oder – im Gegenteil – ein ganz Schlauer? Bei Brenner weiß man das nie so genau. Der Held von Wolf Haas‘ so genannten Brenner-Krimis ist Ex-Polizist und Privatdetektiv. Obwohl er letzte Beschäftigung auch immer mal wieder ruhen lässt. Der Russin in Nischni-Nowgorod, die auf seine Kontaktanzeige geantwortet hat, stellt er sich im letzten Brenner-Krimi „Brennerova“ gar mit „Kriminalbeamter i.R.“ vor. „I.R.“ soll „in Regierungsfunktion“ heißen. Denn sich ein bisschen glanzvoller darzustellen, als man ist, kann schließlich nie schaden. Ist Brenner nun heiratsreif und macht die schöne Nadeshda zu seiner Brennerova? Jein.
Eigentlich hat sie ihn nur angeschrieben, weil ihre Schwester entführt wurde und sie sich auf Brenners Schnüfflerqualitäten verlässt. Doch damit tritt sie eine Lawine von Ereignissen los, die den Leser von Brenners amourösen Verwirrungen von Wien nach Russland, dann wieder zurück ins Wiener Rotlichtmilieu führt und schließlich gar bis in die Mongolei. Verwirrung nix dagegen, würde Brenner sagen. Denn wie in den Vorgänger-Büchern besticht Haas‘ Stil erneut durch schwarzen Humor und seine legendären Ausrufe und Ausblicke („Pass auf“, „Ob du’s glaubst oder nicht“) sowie seine ganz eigene Haas’sche Syntax. Dass darin Verben fehlen oder Nebensätze allein dastehen dürfen, versteht sich von selbst.
Unverfilmbar seien seine Romane deshalb, hat Haas vor langer Zeit einmal behauptet. Das Gegenteil beweisen die mittlerweile vier Adaptionen seiner Brenner-Abenteuer KOMM, SÜSSER TOD, „Der Knochenmann“, „Silentium“ und „Das ewige Leben“, der im März 2015 in den Kinos anlaufen wird. Sogar mitgeschrieben hat Haas an den Drehbüchern, zusammen mit Regisseur Wolfgang Murnberger und dem kongenialen Brenner-Darsteller Josef Hader. Auf realez.tv ist eine dieser Kooperationen der drei Star-Österreicher zu sehen: die erste Brenner-Verfilmung KOMM, SÜSSER TOD. Die schwarze Komödie tritt den Beweis an, dass sich auch Brenner-Filme mit viel Vergnügen sehen lassen. Hader mag als Brenner eine Spur zu groß geraten sein, aber Blick, Duktus und verschlafene Verschlagenheit machen seinen Brenner zu einer großen Kinofigur.
Wenn er die von Barbara Rudnick gespielte Klara anschmachtet und später mit ihr im Bett landet, beweist das zweierlei. Zum einen kann Brenner den Frauen nicht widerstehen. Zum anderen werden sie weich, wenn er Verletzungen vorzuweisen hat. Denn dass Brenner von Übeltätern ordentlich eines auf die Mütze bekommt, gehört zu seinem Berufsrisiko. In KOMM, SÜSSER TOD wird Brenner Sanitäter des Wiener Rettungsdienstes „Kreuzretter“. Die stehen im verbitterten Konkurrenzkampf zu den Kollegen des „Rettungsbundes“ und machen sich gegenseitig die Patienten abspenstig. Da es darüber hinaus auch einige Morde zu beklagen gibt, muss Brenner wider Willen wieder als Schnüffler ran und deckt Korruption, Geschäftemacherei und private Hühnchenrupfereien auf. Auch österreichische Stars wie Karl Markovics, Nina Proll oder Simon Schwarz machen diesen Brenner-Film zum Erlebnis, der zudem mit Wiener Schmähs und überraschenden Wendungen aufwartet.
Die gibt es auch in dem letzten geschriebenen Abenteuer des Detektivs, „Brennerova“. Seine Schwäche für Frauen lässt ihn dabei so weich werden, dass er einer Vertreterin des schönen Geschlechts gehörig auf den Leim geht. Andererseits beweist er durch seine wieder aufgefrischte Romanze mit Herta, dass er durchaus auf eigensinnige, unabhängige Frauen steht. Zwar mag die Gesellschaftskritik in „Brennerova“ etwas weniger stark ausfallen sein als in anderen Haas-Romanen. Doch mit dem Tätowierer Infra, dem Gangster Lupescu oder dem Journalisten Gruntner zeichnet Wolfgang Haas erneut Figuren, die Typen und Charaktere gleichzeitig sind und deren humorvolle Beschreibung durch den Haas’schen Erzähler nie die Gefahr vergessen lässt, die um sie herum brodelt. Also, ob du’s glaubst oder nicht: Brenner bringt es noch!
Kira Taszman