Kira_Taszman | Sunday, der 9. February 2014
Wenn sich vor dem rechten Eingang des Hyatt-Hotels Fotografen auf eigens mitgebrachten Leitern, die sie abends am dortigen Gitter fest ketten, und Autogrammjäger vor lauter Gier nach Stars mit Kreischen und Drängeln zum Deppen machen, liegt das in der Natur der Dinge. Die Berlinale-Zelebritäten fahren dort mit Limousinen zu den Pressekonferenzen und von den Pressekonferenzen wieder fort. Wenn sie gnädig gestimmt sind, steigen sie aus, lassen sich ablichten und geben Autogramme.
Doch wenn sich Hunderte von akkreditierten Journalisten vor dem Pressekonferenzensaal schlimmer als eine Horde Straßenköter benehmen, die sich um einen Knochen kloppen, ist das eher befremdlich. George Clooney rief nach der ersten Vorführung seiner Regiearbeit „The Monuments Men“ zum Rendezvous mit der Presse, und so konnte man am gestrigen Samstag eine nicht unerhebliche Zahl von Vertretern der schreibenden Zunft dabei beobachten, wie sich schubsend, stoßend, fluchend und schwitzend zur Audienz des Berlinale-Königs durchraufen wollten. Dagegen war die PK der Rolling Stones vor einigen Jahren die reine Erholung. Denn, let’s face it: Journalisten sind auch nur Groupies – so viel zu journalistischer Neutralität.
Nachdem es der Schreiberin dieser Zeilen schließlich gelungen war, sich zu Beginn des zweiten Drittels der Veranstaltung in den PK-Saal durchzukämpfen, ging das Staunen über das Niveau des Presse-Stelldicheins weiter. Auf dem Podium thronte eine illustre Riege von Schauspiel-Stars (von links nach rechts unter anderem: Justus von Dohnányi, Hugh Bonneville, Bill Murray, George C. persönlich, Matt Damon, John Goodman und Jean Dujardin), denen man alles Mögliche, gewiss aber nicht Dummheit unterstellen kann. Für jene sorgten dafür ohne jegliche Komplexe die internationalen Schreiber. Eine mexikanische Vertreterin dankte den Schauspielern dafür, so sexy zu sein. Das war ein Statement, keine Frage, aber Scherzkeks Bill Murray nahm das Kompliment für sich allein in Anspruch. Eine Kollegin aus Brasilien wollte wissen, ob der „Soccer-Fan“ Clooney denn zur Fußball-WM nach Brasilien reisen wolle, und eine Journalistin aus der Ukraine dankte dem Schauspieler für sein Engagement für die Protestbewegung in Kiew. Es versteht sich von selbst, dass auch die chinesische Reporterin von Clooney eine Grußbotschaft in ihre Heimatstadt erwartete.
Aber vielleicht passte die Banalität der Fragen ja zum Kino-Opus. Ein großer Wurf ist Clooney mit seinem Kriegsfilm um sieben alliierte Soldaten, die Raubkunst der Nazis retten, wahrlich nicht gelungen. Nervige Marsch- und Pfeifmusik (ach ja, auf der PK lieferten sich Clooney und Co. noch ein mehrlippiges Pfeifkonzert), berechnende Parallelmontagen, um Witzigkeit bemühte One-Liners und ein Plot, der sich im Wesentlichen auf die Jagd nach einer Michelangelo-Skulptur beschränkt, erinnerten eher an ein verkorkstes Remake von (ohnehin schon eher platten) Steve McQueen-Kriegsfilmen aus den Sechzigern.
Dem Thema der Raubkunst, das ja in den letzten Wochen zu Recht viel Platz in den deutschen Feuilletons beanspruchte, wird der Film nicht ansatzweise gerecht. Hier geht es um mehr oder weniger attraktive und/oder pfiffige große Jungs, die sich auf eine abenteuerliche Schatzsuche begeben. Aber huch!, rund herum tobt ja auch ein Krieg, und so müssen – Achtung Spoiler! – ausgerechnet die beiden Protagonisten ins Gras (bzw. in den Marmor einer belgischen Kirche) beißen, die keine Amerikaner sind, d.h. der stets würdige Hugh Bonneville und der charmante Jean Dujardin.
Aber wen schert’s: George Clooney – für übermäßige Selbstkritik oder Kritikempfänglichkeit ist er weniger bekannt – wird trotzdem der strahlende Star der diesjährigen Berlinale bleiben. Praktischerweise läuft sein Film außer Konkurrenz, so erspart man ihm die eventuelle Demütigung durch ausbleibende Edelmetall-Bären. Bleibt zu hoffen, dass er sich bei seiner nächsten Regiearbeit darauf besinnt, dass er auch anders kann – „Good Night, and Good Luck“ war doch ein schöner Film.
Kira Taszman